Berlin: Indoor-Glamping im Hüttenpalast

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Ein auf den ersten Blick normales kleines Café in Berlin Neukölln. Heimelige Holztische. Ein Tresen. Und an den Wänden viele Bücher über außergewöhnliche internationale Übernachtungsorte. Dahinter jedoch tut sich eine Welt auf. Eine Hüttenwelt. Eine Campingwelt.

Wir sind im Hüttenpalast. Indoor-Camping in einem Berliner Kiez. Für uns eine ganz neue Erfahrung. Unser Raum für die Nacht: die Berghütte in Halle 1. Eine Holzhütte mit riesigem Bett und einer kleinen Terrasse mit bunten Kissen im Fenster zum Innenhof, Retro-Sesseln und Bücherregal. Wir packen notdürftig aus, setzen uns, schauen umher.

Halle 1. Ein Raum der Begegnung. Und doch ist jeder für sich.

Halle 1. Ein Raum der Begegnung. Und doch ist jeder für sich.

Herzensbrecher und Schwalbennest

Herzensbrecher und Schwalbennest

Gleich nebenan steht die etwas kleinere Talhütte aus dunklem Holz und ebenfalls mit einladendem Sitzbereich. Gegenüber dann zwei Retro-Camper: der 1959 im Dresdner Karosseriebau Nagetusch gefertigte Herzensbrecher und der einzige „Wessi“ unter den Wohnwagen des Hüttenpalastes, das Schwalbennest aus den Sechzigern. Beide schick gemacht, mit Kuschelbetten und hübschen Innendesign.

Der Alte Palast ist ganz besonders, denn seine alte Holzvertäfelung könnte viele Geschichten erzählen

Der Alte Palast ist ganz besonders, denn seine alte Holzvertäfelung könnte viele Geschichten erzählen

Außerdem in unserer Halle 1: die Kleine Schwester, ein „QEK Junior“ aus den Siebzigern und der Alte Palast mit dunklen Holzwänden. – „Das war die Wandvertäfelung hinten in der Fabrik, vor über hundert Jahren das Empfangszimmer zu einer Möbelmanufaktur. Auf der Rückseite sieht man noch ein kleines Fensterchen mit einer Klingel. Da klingelte man früher, um seine Aufträge abzugeben“, erzählt Sarah Vollmer, die mit ihrer Freundin Silke Lorenzen den Hüttenpalast seit 2009 leitet und das Konzept gemeinsam mit ihr erfand.

Die Kleine Schwester

Die Kleine Schwester

„Wir wohnen hier um die Ecke. Und in unserem Kiez gab es eigentlich nie einen schönen Ort, an dem wir gerne unsere Gäste untergebracht hätten. Silke war Eventmanagerin, ich Modedesignerin. Und wir waren damals beide beruflich an einem Punkt, an dem vieles nicht stimmte. Dazu kam, dass man gerade dabei war, diesem relativ vernachlässigten, armen Viertel neues Leben zu geben.“

Früher ein sozialer Brennpunkt, zogen mit einmal Menschen aus aller Welt nach Neukölln, in den Reuterkiez, darunter viele Künstler, junge Leute, Familien. Dann fanden Sarah und Silke das kleine Ladenlokal mit den riesigen Fabrikhallen im Hinterhof. Und den Hinterhof selbst – mit Blick in die Wolken und ganz viel Platz für bunte Blumen und Tische und Stühle: „Wir haben uns gleich in die alten großen Flächen verliebt. Und wir fanden die Großzügigkeit dieser alten Fabrikflächen so schön, dass es uns leidgetan hätte, da einfach lauter Zimmerchen reinzubauen. Wir fragten uns: Was kann man entwickeln, um mehr Privatsphäre als im Hostel zu haben und doch die großen Räume und die gemeinschaftliche Begegnung zu erhalten? Dann haben wir angefangen, mit Raum-im-Raum-Konzepten zu spielen.

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Was entstanden ist, sind zwei Hallen mit Hütten und Retro-Campern. Alt und kultig und doch mit nachhaltigen Mitteln saniert und absolut bequem, geräumig und komfortabel.

Orte zum Zurückziehen. Und doch ein Platz für Begegnungen, denn die Menschen kommen aus aller Welt. Menschen zwischen Mitte 20 und Mitte 70. Menschen, die neugierig sind, etwas erlebt haben und entdecken wollen. „Viele wollen ihre Erinnerungen auffrischen. Ein Paar von Mitte 70 zum Beispiel, das vor 40 Jahren im Schwalbennest ihre Hochzeitsreise gemacht hat. Sie würden in ihrem Alter nicht mehr mit dem Wohnwagen losfahren, aber hier – im Trockenen, sauber und sicher, mit komfortablen Betten – da passte es“, sagt Sarah und schaut in den grünen Innenhof. „Klar, wir haben uns anfangs gefragt, ob das auch wirklich funktioniert: So unterschiedliche Menschen miteinander in Kontakt zu bringen. Heute sind wir häufig verblüfft, was für Kombinationen von Leuten hier abends sitzen. Der sechzigjährige Österreicher mit dem dreißigjährigen Australier bei einem Glas Rotwein, ganz vertieft ins Gespräch.“

Idyllisch: der Garten im Innenhof

Idyllisch: der Garten im Innenhof

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Sarah führt uns herum. Zeigt uns auch Halle 2 mit eigenem Innenhof. Außerdem die Hotelzimmer und den Raum, in dem es jeden Morgen ein kleines, feines und vor allem nachhaltiges Frühstück gibt.

Und dann? Kriechen wir in unsere Koje. Holzig, die Hütte. Und spannend die Nachbarn. Die kommen aus England, Island und Spanien. Man grüßt sich, teilt sich die großen, sauberen Bäder. Stöbert in Bücherregalen. Und geht im Innenhof zwischen Erdbeerpflanzen, Leihfahrrädern und Hollywood-Schaukeln auf Entdeckungsreise.

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Am Morgen stecken wir die Nase aus der Hütte. Es riecht nach frischen Croissants und dampfendem Kaffee. Beides gibt es bei jeder Übernachtung inklusive. Und weil wir noch Zeit haben, setzen wir uns auf die Terrasse vor der Berghütte und fragen uns, wie sie sich angefühlt hat, diese Nacht, die so gar nicht an Camping, Glamping oder sonst etwas erinnert. Gut war sie. Sehr besonders. An einem unvergesslichen Ort, der vielleicht eine Antwort auf unsere rasend schnelle Zeit ist. Weil man als Gast im wörtlichen Sinne wahrgenommen wird und umgeben ist von klugen Ideen, herzlichen Gesten, spannenden Menschen und dem Gefühl, ganz für sich und dennoch nie allein zu sein.

Vielen Dank Sarah und Silke für die kostenlose Übernachtung in der Berghütte!

Mehr Infos zum Hüttenpalast findet ihr hier.

Für wen?

Für alle, die Berlin nicht auf die gewohnte Art entdecken wollen, sondern die neugierig auf Menschen und besondere Orte sind.

Was ist in der Nähe?

Klar, ganz Berlin mit coolen Vierteln, Museen, Restaurants….